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Testbericht – Amazon Kindle Touch

Es ist noch keine fünf Jahre her, dass der erste Kindle auf dem Markt erschien, doch schon jetzt kommen mir Bücher aus Papier manchmal wie Relikte aus einer anderen Zeit vor. Dabei werde ich es bei Bildbänden oder bei Büchern meiner Lieblingsautoren auch weiterhin bevorzugen, mir die gedruckte Version ins Regal zu stellen ― doch bei Büchern, die man bloß ein einziges Mal liest, oder bei Fachliteratur, die schon nächstes Jahr veraltet sein kann, bieten die digitalen Versionen einen ganz klaren Platzvorteil. Dazu kommt, dass E-Books meist billiger sind als gedruckte, und dass im Internet eine breite Auswahl an kostenlosen Titeln zu finden ist.

Der Kindle Touch gehört zur vierten Generation von Amazons E-Book-Readern. Eigentlich sollte das Gerät erst Ende April auf den Markt kommen, doch nun wurde es schon eine Woche vorher herausgebracht. Der neue Kindle wird in zwei Varianten verkauft: Mit WLAN-Modul ist er für 129 Euro zu haben, in der 3G-Variante mit UMTS-Modul kostet der Kindle Touch 189 Euro. Der Standard-Kindle wird für 99 Euro auch weiterhin angeboten.

Im Gegensatz zu den Vorgängermodellen gibt es beim Kindle Touch keine Tasten zum Blättern ― stattdessen ist der Touchscreen in drei große Bereiche unterteilt: Der größte Teil des Bildschirms kann dazu benutzt werden, durch kurzes Berühren eine Seite vorzublättern, über den linken Rand lässt sich zurückblättern, und über den oberen Bildschirmrand werden Menüs aufgerufen. Hier können auch Lesezeichen gesetzt werden. Mit zwei Fingern kann die aktuelle Seite ein- oder ausgezoomt werden, vergrößerte Seiten lassen sich auf dem Bildschirm verschieben, und mit Wischbewegungen lässt sich zum vorherigen oder nächsten Kapitel springen. Dass man zum Umblättern jetzt mit dem Finger auf den Bildschirm tippen muss, ist etwas gewöhnungsbedürftig und war für mich anfangs ein Grund, das Gerät eher mit Ablehnung zu betrachten ― allerdings musste ich schnell feststellen, dass das vor allem an der Gewohnheit lag: Auf die Dauer macht es keinen großen Unterschied, ob man mit dem Daumen eine Taste drückt oder ihn zum Umblättern einmal kurz zum Bildschirm bewegen muss.

Mit dem Wechsel zur Touchscreen-Bedienung gibt es am Kindle Touch jetzt also nur noch zwei Tasten: Eine davon dient dazu, den E-Book-Reader ein- und auszuschalten. Die andere Taste (die man auf den ersten Blick mit einem Lautsprecher verwechseln könnte) bringt den Benutzer zum Homescreen zurück. Dieser ist so einfach gehalten wie das gesamte Gerät und zeigt nichts weiter an als die Liste der gespeicherten E-Books. Diese lassen sich in Ordnern sammeln, und natürlich ist der Amazon-Shop integriert, über den man sich neue Bücher auf das Gerät laden kann. Außerdem bietet Amazon einen Service an, über den sich Dokumente per E-Mail an den Kindle senden lassen.
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Mit einer Größe von 172 x 120 mm, einer Höhe von 10,1 mm und einem Gewicht von rund 220 g ist das Gerät etwas größer und schwerer als der Standard-Kindle, liegt aber immer noch gut in der Hand. Das Sechs-Zoll-Display schafft, wie die anderen Kindles, eine Auflösung von 800×600 Pixeln (bei 167 dpi) und stellt 16 Graustufen dar. Es sind nur drei Schriften enthalten, die in acht verschiedenen Größen angezeigt werden können; auch der Zeilenabstand lässt sich einstellen. Wenn benötigt, lässt sich eine Tastatur einblenden, die schnell reagiert und auf der sich relativ angenehm arbeiten lässt ― natürlich ist eine solche Bildschirmtastatur nur für kurze Notizen oder die Eingabe eines URLs geeignet, aber keinesfalls für längere Texte.

Der Kindle Touch ist mit 4 GB Speicher ausgestattet, von denen 3,2 GB dem Benutzer zur Verfügung stehen. Eine SD-Karte lässt sich leider nicht einstecken, allerdings reicht der Speicherplatz auch so schon für mehrere Tausend E-Books aus, solange es sich dabei nicht gerade um riesengroße PDF-Dateien handelt.

Es kann ein Kopfhörer angeschlossen werden, außerdem sind auf der Rückseite zwei Lautsprecher vorhanden, sodass man sich Audio-Books oder Musik anhören kann. Die Software dafür ist allerdings so einfach gehalten, dass sie zum Musikhören nur eingeschränkt zu gebrauchen ist. Zusätzlich besteht bei englischen Texten die Möglichkeit, sie sich vom Kindle Touch vorlesen zu lassen. Es kann zwischen einer männlichen und einer weiblichen Stimme gewählt werden, beide klingen allerdings sehr künstlich.

Was Online-Features betrifft, wurden ein Wörterbuch und eine Suchfuntkion für die Wikipedia integriert; außerdem gibt es einen experimentellen Webbrowser. Dieser ist ausreichend, um sich vielleicht kurz die mobile Version einer Newsseite anzuschauen, für komplexere Webseiten aber völlig ungeeignet. Eine neue Technologie mit dem Namen X-Ray ist ein recht interessantes Feature, über das sich zusätzliche Information zu dem Buch einblenden lassen, das gerade im Reader geöffnet ist ― allerdings funktioniert das längst noch nicht mit allen Büchern. Ob X-Ray wirklich sinnvoll ist oder es sich hier lediglich um eine nette Spielerei handelt, kann ich daher leider nicht ernsthaft beurteilen. Und nicht zuletzt bietet Amazon, wie bei den anderen Kindles, einen cloudbasierten Backup-Service an, der es erlaubt, Bücher und Lesezeichen über mehrere Kindles, PCs, Macs oder Android-Geräte hinweg auszutauschen.

Der Kindle Touch wird ohne Ladekabel ausgeliefert ― der Akku muss also über einen USB-Anschluss am Computer aufgeladen werden, was etwa vier Stunden dauert. Ein Adapter wird zwar separat angeboten, aber die meisten Benutzer dürften dafür tatsächlich keine Verwendung haben: Einer der Vorteile, die ein E-Book-Reader gegenüber Tablet-PCs hat, ist die wesentlich höhere Akkulaufzeit. Bei einer täglichen Lesedauer von einer halben Stunde soll der Kindle Touch laut Amazon bis zu zwei Monate durchhalten.

Bereits Ende 2011 brachte Amazon den Kindle Fire auf den Markt, und mit dem Kindle Touch verschwimmen die Grenzen zwischen E-Book-Reader und Tablet-PC jetzt noch ein Stück weiter. Leider sind die Bedienung des Touchscreens und das Umblättern auf dem Kindle langsamer als auf einem Tablet, und die Darstellung von Farbe ist auf dem E-Ink-Display nicht möglich. Doch wenn man auf Multimedia-Inhalte verzichten kann und das Gerät in erster Linie (oder sogar ausschließlich) zum Lesen benötigt, bietet ein E-Book-Reader zwei deutliche Vorteile: Schriften sind wesentlich besser erkennbar ― was sich gerade bei Sonneneinstrahlung bemerkbar macht ―, und während der Akku eines Tablet-PCs in der Regel gerade mal 8-10 Stunden durchhält, verbraucht ein E-Book-Reader nur beim Umblättern Strom.

Den neuen Kindle über seinen Touchscreen zu bedienen erscheint mir natürlicher als die Handhabung der anderen Modelle ― er fühlt sich damit mehr wie ein „richtiges“ Buch an. Da es ansonsten keine wesentlichen Unterschiede zu Amazons anderen E-Book-Readern gibt (den Android-basierten Kindle Fire natürlich ausgenommen), kann ich einen Umstieg allerdings nur dann empfehlen, wenn der Touchscreen ein unverzichtbares Feature ist ― wer sich bereits an einen älteren Kindle gewöhnt hat, könnte sich davon sogar irritiert fühlen.


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Ein Kommentar

  1. Würdest du den Reader empfehlen für jemanden der bereits ein iPad mit Kindle app hat und nach einer kleineren Lösung sucht?

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